Khwe Orthographie-Workshop im Bwabwata Nationalpark/Namibia

2025

Vom 3.-14. März 2025 fand mit Mitteln der Jutta-Vogel-Stiftung ein zweiwöchiger Orthographie-Workshop zur Sprache der Khwe im Bwabwata Nationalpark im Nordosten Namibias statt. Der Workshop reagierte auf einen ausdrücklichen Wunsch vieler Khwe. Obwohl deren Sprache die am besten dokumentierte von allen San-Sprachen im südlichen Afrika ist – es gibt ein Wörterbuch, eine Grammatik und zahlreiche publizierte Texte – konnten bislang nur einzelne Individuen ihre eigene Sprache lesen und schreiben. Ziel des Workshops war es, einer größeren Anzahl von Khwe aus möglichst allen Khwe-Dörfern im Bwabwata Nationalpark das Lesen und Schreiben in ihrer eigenen Sprache beizubringen und sie damit in die Lage zu versetzen, auch die zahlreichen Dokumente, die ausländische Wissenschaftler:innen auf Khwe dokumentiert haben, im Original zu konsultieren.

Der Workshop startete mit 24 Teilnehmer:innen, die aus den 12 Khwe-Dörfern im Bwabwata Nationalpark zu diesem Zweck entsandt worden waren. Der Unterricht fand ganztätig an 11 Tagen und täglich von 9:00-16:30 statt. Er umfasste die Vermittlung des Khwe-Alphabetes mit Schreibübungen, Erklärungen zur Markierung von Tönen und zu in den Publikationen verwandten unterschiedlichen orthographischen Konventionen, die Schreibweise von Khwe-Personen und Ortsnamen, die in offiziellen Dokumenten häufig fehlerhaft sind, eine große Zahl von Diktat- und Leseübungen, um das theoretisch vermittelte Wissen praktisch einzuüben sowie Schreib- und Lesetests zur Überprüfung des Lernerfolgs. Die Inhalte wurden zum Teil auf Englisch, zum Teil auf Khwe vermittelt.

Hintergrund:

Das Oswin-Köhler-Archiv beherbergt die weltweit größte Sammlung von Dokumenten über die Kultur und Sprache der Khwe im Bwabwata-Natio­nalpark in Namibia, bestehend aus inzwischen zum größten Teil veröffentlichten originalsprachlichen Texten, Fotos, Filmen, Tonaufnahmen, ethnographischen Objekten, Pflanzenpräparaten, Zeichnungen und Sachakten, die der Afrikanist Oswin Köhler zwischen 1959 und 1992 zusammengetragen hat. Das Oswin Köhler Archiv ist bestrebt, den Angehörigen der Herkunftsgemeinschaft Zugang zu diesen Dokumenten zu ermöglichen, dauerhafte und nachhaltige Beziehungen zu ihnen aufzubauen und das Material gemeinsam mit ihnen zu erforschen. Die Partnerorganisation in Namibia ist das Bwabwata Khwe Custodian Committee, das 2012 gegründet wurde und sich dem Erhalt der Khwe-Sprache und -Kultur widmet und das den geplanten Orthographie-Workshop mitorganisieren will.

Während eines von der Antragstellerin Dr. Gertrud Boden ebenfalls in Kooperation mit dem Bwabwata Khwe Custodian Committee durchgeführten Workshops Anfang März 2024 im Bwabwata Nationalpark in Namibia mit dem Titel “Understanding and presering Khwe cultural heritage“ diskutierten jeweils zwei Vertreter:innen der zwölf Khwe Dörfer im Park Ideen, wie das kulturelle Erbe der Khwe bewahrt und zwischen den Generationen weitergegeben werden kann und wie die Dokumente im Oswin-Köhler-Archiv zu diesem Zweck genutzt werden können. In der abschließenden Diskussion stellte sich heraus, dass auf der Wunschliste der Teilnehmer ein Orthographie-Workshop an erster Stelle steht, um die eigene Sprache und Kultur zu bewahren.

Ziel des Workshops

Ziel des Workshops war es, einer größeren Anzahl von Khwe das Lesen und Schreiben in ihrer eigenen Sprache beizubringen und sie damit in die Lage zu versetzen, die zahlreichen Dokumente in der Khwe-Sprache, die sich im Nachlass von Oswin Köhler und in diversen Publikationen finden, im Original zu konsultieren, d.h. ohne auf Dolmetscher oder schriftliche Übersetzungen ins Englisch angewiesen zu sein. Der Workshop sollte die Teilnehmer:innen in die Lage versetzen, das Gelernte mit Hilfe des für den Workshop entwickelten Curriculums und der dort verwendeten Lehrmaterialien in ihren jeweiligen Dörfern zu verbreiten.

Der Workshops leistete einen Beitrag zum Erhalt einer bedrohten Sprache und durch die Alphabetisierung in der lokalen Sprache auch zum Erhalt der in den historischen Dokumenten festgehaltenen Lebensformen. Er förderte Austausch und Begegnung zwischen einer universitären Sammlung und den Angehörigen der Herkunftsgemeinschaft und wirkte diskriminierenden Tendenzen entgegen, die sich beispielsweise im fehlenden muttersprachlichen Unterricht an namibischen Schulen und der Nicht-Anerkennung der politischen Führung der Khwe durch die namibische Regierung ausdrückt.

Alle Teilnehmer:innen waren mit großen Enthusiasmus und Engagement bei der Sache. Manche von ihnen lernten auch nach Unterrichtsende bis spätabends weiter.

Hier ist das Feedback einer begeisterten Workshop-Teilnehmerin zu hören:

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Kontakt

Logo: Silhouette einer Person mit Text: „Jutta Vogel Stiftung, Kulturerhalt in den Wüsten Afrikas“

Jutta Vogel Stiftung

Prof. Michael Bollig
Institut für Sozial- und Kulturanthropologie
Universität zu Köln
Albertus-Magnus-Platz
50923 Köln

E-Mail: info@jutta-vogel-stiftung.de

Tel.: +49 (0)221 470 76647