Sogenannte „ethnische Konflikte“ sind auch in Afrika häufig keine, sondern sie werden von jeweils interessierten Machthabern unter diesem Etikett geschürt. Dieses Bewusstsein durch wissenschaftliche Recherche zu untermauern und deren Ergebnisse der Bevölkerung zugänglich zu machen, ist Ziel des aktuellen Projekts „Familiengeschichten in Fransfontein“, das von Dr. Michael Schnegg und Dr. Julia Pauli (Institut für Völkerkunde, Universität zu Köln) geleitet wird. Ein Mittel der Forschung ist die Genealogie. Exemplarisch lässt sich mit ihrer Hilfe die Geschichte eines Ortes, einer Region entschlüsseln. Das ist in diesem Fall das Dorf Fransfontein im Nordwesten Namibias. Seit mehr als hundert Jahren leben dort Menschen, die durch Migration oder Vertreibung aus anderen Gebieten hierher verschlagen wurden. An den Geschichten der Familien lässt sich klar ablesen, dass sie keineswegs „ethnisch unter sich“ blieben: die meisten Bewohner heute haben Vorfahren aus zwei oder drei Ethnien. Das hat sich längst vielfach im Alltag niedergeschlagen. Deshalb gilt das Interesse der Wissenschaftler besonders den Bräuchen, z.B. Hochzeitsbräuchen, sowie religiösen Ritualen. Nicht minder aufschlussreich sind die Entwicklungen in Sprache und Sprachgebrauch. Die Ergebnisse aus diesen Forschungen sollen der Bevölkerung so zugänglich gemacht werden, dass sie mit bereits vorhandenen lokalen Geschichtsinitiativen zu verbinden sind. Das gewonnene Bild- und Tonmaterial sowie alle anderen Aufzeichnungen werden in Formen publiziert, die nicht zuletzt im Schulunterricht in der Region zu nutzen sind. Damit kann dieses Projekt zur Festigung der multiethnischen Identität beitragen.
Gedruckt wurde eine Broschüre, die auf der Projekt-Homepage www.fransfontein.org bestellt werden kann.