Vor rund 27.000 Jahren zeichnete ein Bewohner einer Höhle in den Hunsbergen im Südwesten Namibias Tiere auf einige etwa handgroße Steinplatten. Zusammen mit Steinwerkzeugen, Tierknochen und Asche aus Feuerstellen wurden die Malereien später von Sediment und den Hinterlassenschaften nachfolgender Besiedlungen überdeckt. Was aber hat dieser Fund mit Raumfahrt zu tun? Am 24. Juli 1969 erreichte den Archäologen W.E. Wendt während der Ausgrabungen in einer bis dahin namenlosen Grotte die Nachricht der geglückten Rückkehr der Apollo 11- Raumfähre. Spontan gab er der Fundstelle den Namen „Apollo 11“, nicht ahnend, dass er hier eine sensationelle Entdeckung machen sollte. Die Grabung lieferte eine mehr als 100.000 Jahre umfassende Abfolge von Siedlungsschichten. Kein anderer Fundort des Landes spiegelt die prähistorische Vergangenheit Namibias vollständiger wider. Herausragend aber ist der Fund bemalter Platten, deren Alter durch die Radiokarbon-Methode auf 26.000 bis 28.000 Jahre bestimmt werden konnte. Damit sind diese Zeichnungen nicht allein die ältesten Kunstwerke Afrikas, sondern sie gehören zu den frühesten Belegen künstlerischen Schaffens weltweit. Gefunden wurden die Zeichnungen in der jüngsten Fundschicht des „Middle Stone Age“ der Höhle Apollo 11. Das „Middle Stone Age“ beginnt in Afrika vor fast 200.000 Jahren, zeitgleich mit dem frühesten Auftreten des modernen Homo sapiens dort, während auf der Nordhalbkugel noch für einige Jahrtausende Eiszeit herrschte. Es ist eine Epoche zahlreicher Innovationen wie Fischfang, Verwendung von Farbpigmenten und Herstellung von Knochenwerkzeugen. Aufgrund des ersten Auftretens von Kunst und Schmuck – als Ausdruck symbolischen Handelns – wird auch der Beginn „modernen“ Verhaltens während des „Middle Stone Age“ diskutiert. Es ist somit einer der wichtigsten Abschnitte der Menschheitsgeschichte. Dennoch wissen wir vergleichsweise wenig über diese Periode. Nur wenige Fundstellen wurden nach heutigem Standard ausgegraben, und lange Zeit fehlten geeignete Datierungsmethoden für die älteren Phasen des „Middle Stone Age“. Inzwischen haben sich neue Datierungsverfahren (Elektronenspin- Resonanz und Optisch Stimulierte Lumineszenz) etabliert, die diese Lücke schließen. Aus diesem Grund möchte der Archäologe Dr. Ralf Vogelsang von der Forschungsstelle Afrika des Instituts für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln die Fundstelle erneut aufsuchen. Das Hauptziel ist dabei die Entnahme von Datierungsproben. In Kombination mit verfeinerten Ausgrabungsmethoden und modernen Ansätzen bei der Auswertung der Funde verspricht die erstmals sichere zeitliche Einordnung der Kulturschichten neue Erkenntnisse über eine Zeit, in der wir alle unsere Wurzeln haben.
Namibia: Apollo 11. Die Kultur des frühen modernen Menschen in Afrika – Chancen für eine neue Chronologie
2007